20. September 1973: Einführung der Notrufnummern 110/112

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20. September 1973 – ein denkwürdiger Tag. Er markiert die Einführung der bundeseinheitlichen Notrufnummern 110/112 in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist zugleich ein Erfolg einer Initiative der Björn Steiger Stiftung.

Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in der Bundesrepublik kein einheitliches Notrufsystem. Jede Stadt bzw. jede Gemeinde hatte bis dahin ihr eigenes Konzept und ihre eigene Notrufnummer für die Notfallhilfe. Dies hatte zur Folge, dass lebensrettende Hilfe oftmals zu spät kam.

In einem 15. Punkte-Plan forderte Stiftungspräsident Siegfried Steiger deshalb die Innenminister der Länder in einem offenen Brief auf, die Voraussetzungen zum Aufbau des Rettungsdienstes zu schaffen.

Zunächst führt die Stiftung im Frühjahr 1973 die Notrufnummer 110/112 in allen Ortsnetzen der Deutschen Bundespost im damaligen Regierungsbezirk Nordwürttemberg ein. Als die bundesweite Einführung scheitert, verklagt Stiftungspräsident Siegfried Steiger am 27. Juli 1973 das Land Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart wegen unterlassener Hilfeleistung auf Einführung der Notrufnummer. Die Klage wird am 3. September 1973 erwartungsgemäß abgelehnt, das Verfahren sorgte aber für Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit.

In dem jungen Richter Siegfried Kasper findet Steiger einen wichtigen Unterstützer. Die Klage wird zwar erwartungsgemäß aus formaljuristischen Gründen von Richter Kasper abgewiesen, doch er hält gegenüber dem anwesenden Journalisten Siegfried Clemens ein flammendes Plädoyer. Darin betont er, wie wichtig diese Angelegenheit und dass sie leider nicht juristisch, sondern nur politisch lösbar sei. Der Fall zieht wie erwartet eine enorme Aufmerksamkeit der Medien und Öffentlichkeit nach sich. 

Dadurch wird der Druck auf die politischen Entscheidungsträger so groß, dass die Ministerpräsidentenkonferenz am 20. September 1973 im Beisein des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt schließlich mit dem Konzept „Notruf 73" die bundeseinheitliche Einführung der beiden Notrufnummern 110/112 in allen Ortsnetzen von den Länder-Ministerpräsidenten und dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt beschließt. Der ehemalige Bundespostminister Prof. Dr. Horst Ehmke informierte Siegfried Steiger direkt nach der Sitzung mit den Worten: „Ihr Dickschädel hat sich durchgesetzt!"

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Dieser Beschluss läutet eine Zeitenwende ein: Viele Menschen, die zuvor ihr Leben aufgrund der schlechten Notfallversorgung verloren hätten, können nun gerettet werden.

Warum eigentlich 110 und 112?

Die Geschichte der Notrufnummern 110/112 ist eng mit der Entwicklung des deutschen Telefonnetzes verbunden und beginnt in den 1930er Jahren. Neben den Telefonnummern wurden damals auch sogenannte Servicenummern eingerichtet, die mit der 101 als Nummer der Vermittlungsstelle begannen. Weitere Servicenummern folgten über die Jahre. Anfang der 50er Jahre wurde die Ziffernfolge 110 für die Polizei festgelegt.

Aus technischen Gründen musste die 111 übersprungen werden, da das damalige Impulswahlverfahren bei der Nummernfolge 1-1-1 in den Vermittlungsstellen eine Störung auslöste. Daher folgte auf die 110 die 112 für die Feuerwehr. Seit 1956 gibt es in Deutschland zwar die Notrufnummern 110/112 – allerdings waren sie zunächst nur in wenigen Großstädten verfügbar. Damit blieben große Teile der Bundesrepublik ohne zuverlässige Notfallversorgung.

Die Notrufnummer 112 setzt sich weltweit durch

Im Dezember 1979 wird das letzte Ortsnetz in der Bundesrepublik mit den Notrufnummern eingerichtet, die 112 wird zum weltweiten Standard und zum einheitlichen europäischen Notruf. Am 29. Juli 1991 beschließt der EU-Ministerrat auf Vorschlag der EU-Kommission den für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Euronotruf 112. Inzwischen ist die Notrufnummer 112 in ganz Europa in allen Kommunikationsnetzen installiert.

Weltweit ist in allen Mobilfunknetzen die Notrufnummer 112 und parallel auch die 911 anwählbar. Die Nummer 112 hilft somit weltweit, im Notfall schnell Hilfe rufen zu können.

Wir sind schon ein wenig stolz, dass mit dem unermüdlichem Einsatz von Ute und Siegfried Steiger und der Vorarbeit unserer Stiftung über einen langen Zeitraum hinweg dies alles tatsächlich erreicht und umgesetzt werden konnte.

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