Warum sind die 5 Ws in der Notrufabfrage veraltet?

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Der traditionelle "5 W"-Ansatz (Wer, Was, Wann, Wo, Warum) zur Abfrage von Notrufen gilt zunehmend als veraltet. Dies wird durch verschiedene wissenschaftliche Erkenntnisse unterstützt, die zeigen, dass die 5 Ws unzureichend sind und durch effizientere Methoden ersetzt werden sollten.

Einschränkungen der 5 Ws

  • Aktive Gesprächsführung durch die Leitstelle: Früher erzählte die anrufende Person den Mitarbeitenden der Leitstelle das Problem. Heutzutage ist eine aktive Gesprächsführung und gezielte Fragestellung durch die Leitstelle international Standard, um rasch und effizient Informationen zu gewinnen.
  • Fehlende Detailtiefe: Die 5 Ws liefern nicht genügend Detailinformationen. Beispielsweise gibt das "Was" keine Auskunft über die Schwere der Verletzungen oder die erforderlichen Maßnahmen.
  • Subjektive Interpretation: Die offenen Fragen der 5 Ws lassen Raum für subjektive Interpretation, sowohl bei den Anrufern als auch bei den Notrufbearbeitern. Dies führt zu Missverständnissen und Fehlern und beeinträchtigt die Effizienz der Hilfeleistung.
  • Genauigkeit bei der Identifizierung von Herzstillständen: Traditionelle Methoden erkennen Herzstillstände oft nicht korrekt. Studien zeigen, dass eine differenziertere Befragung die Erkennung und den Einsatz bei Herzstillständen verbessert und die Überlebensrate erhöht (Viereck et al., 2017).
  • Herausforderungen bei agonaler Atmung: Die 5 Ws übersehen oft kritische Symptome wie agonale Atmung. Eine korrekte Erkennung ist entscheidend für die rechtzeitige und genaue Reaktion auf Herzstillstände (Bång et al., 2003).
  • Gültigkeit und Verlässlichkeit: Moderne Triage-Instrumente mit einem mehrstufigen Bewertungsansatz sind valider und zuverlässiger. Diese Systeme schätzen den Schweregrad von Erkrankungen besser ein und priorisieren die Behandlung wirksamer (Christ et al., 2010).
  • Unstrukturierte Informationen: Die 5 Ws bieten keine standardisierte Reihenfolge für die Erfassung von Informationen während des Notrufdialoges. Dies kann dazu führen, dass Notrufbearbeiter unterschiedliche Prioritäten setzen, was zu Inkonsistenzen und Verzögerungen bei der Notfallbearbeitung führt.

Was sind die Vorteile einer standardisierten strukturierten Notrufabfrage?

Eine moderne Notrufabfrage bietet klare Vorteile gegenüber den historischen "5 Ws" und der intuitiven Abfrage:

  1. Klar definierte Protokolle: Festgelegte Protokolle und Algorithmen gewährleisten eine systematische und konsistente Notrufabfrage, minimieren Informationsverluste und sorgen für hohe Qualität.
  2. Automatisierte Priorisierung: Moderne Systeme können automatisch die Dringlichkeit eines Notfalls bewerten und auch Ressourcen entsprechend zuweisen. Dies führt zu einer schnelleren und zielgerichteten Reaktion.
  3. Detaillierte Informationsaufnahme: Strukturelle Abfragen erfassen spezifische Informationen, die über die 5 Ws hinausgehen, wie medizinische Vorgeschichte und genaue Symptome, was für präzise Einschätzungen entscheidend ist.
  4. Skriptbasierte Fragen: Durch vordefinierte Skripte werden Anrufer gezielt und effizient befragt. Dies reduziert die Fehlerquote und stellt sicher, dass keine wichtigen Informationen übersehen werden.
  5. Technologische Unterstützung: Moderne Notrufsysteme nutzen Technologien wie GPS zur genauen Standortbestimmung und Datenbanken zur schnellen Überprüfung medizinischer Informationen, was die Effizienz und Genauigkeit verbessert.
  6. Kontinuierliche Schulung und Anpassung: Ein strukturierter Ansatz beinhaltet regelmäßige Schulungen und die kontinuierliche Anpassung der Protokolle an neue medizinische Erkenntnisse und Technologien.

Was ist daher die Alternative zu den 5 Ws?

Statt der 5 Ws sollte ein strukturierter Ansatz verwendet werden, der auf einer international standardisierten Notrufabfrage basiert. Diese verwenden wissenschaftlich validierte Abfrageprotokolle, die die Notrufbearbeitenden durch fallspezifische Fragen führen, um alle relevanten Informationen zu erfassen. 

Während die 5 Ws eine historische Methode darstellen, entsprechen sie nicht mehr den Anforderungen moderner Rettungsdienste und der Notwendigkeit der Differenzierung von Rettungsmitteln und der Priorisierung der medizinischen Dringlichkeit. Eine standardisierte und strukturierte Notrufabfrage bietet eine präzisere, konsistentere und effizientere Methode zur Erfassung von Notfalldaten. Durch den Einsatz von Abfrageprotokollen und entsprechender technologischer Unterstützung können Notrufdienste die Qualität und Geschwindigkeit ihrer Reaktionen signifikant verbessern.

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